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Insolvenz durch Corona: Ausnahmeregeln bis 31.01.2021 verlängert
Laut einer Pressemitteilung vom 08. Dezember 2021 der Creditreform war 2020 das Jahr mit der niedrigsten Zahl von Unternehmensinsolvenzen seit Einführung der Insolvenzordnung (InsO) im Jahr 1999. Mit 16.300 Fällen lag die Zahl um 13,4 % niedriger als in 2019 (18.830 Fälle). In Anbetracht des Corona-bedingten Konjunktureinbruchs könnte man also von einem Erfolg der Corona-Hilfen sprechen.
Schaut man jedoch genauer hin, dann stellt sich die Frage, ob alle durch die Maßnahmen am Leben gehaltenen Firmen nach der Krise tatsächlich lebensfähig sind. Manche Branchen werden erst zeitverzögert wieder zu alten Ergebnissen zurückfinden und andere Unternehmen waren schon vor der Krise angeschlagen. Auch so mancher „Pleitekandidat“ wird von den Finanzhilfen des Staates profitiert haben. Der anstehende Strukturwandel mancher Branchen kommt dabei noch hinzu. Zudem darf nicht vergessen werden, dass der Gesetzgeber die Insolvenz-Antragspflicht teilweise ausgesetzt hat. Es wundert daher nicht, wenn die Creditreform festhält: „„Im laufenden Jahr hat sich das Insolvenzgeschehen als Seismograph für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vom wirklichen Zustand der deutschen Unternehmen entkoppelt.“
In diesem ersten Teil einer Serie beschäftigt sich Dipl.-Oec. Guido Kleinhietpaß (Partner, Trainer und Consultant der CA controller akademie) mit den aktuellen Entwicklungen zum Thema.
Kümmern wir uns zunächst um die rechtliche Seite einer Insolvenz
Hier besteht ein Unterschied zwischen den üblicherweise geltenden Regeln und den abgemilderten Regeln im Rahmen der COVID-19-Pandemie. Dies betrifft Unternehmen, die vor der Insolvenz stehen. In einer weiteren Folge wollen wir dann darauf schauen, was auch (scheinbar oder wirklich) gesunde Unternehmen tun sollten.
In den Paragrafen 17-19 regelt die Insolvenzordnung die Gründe für das Vorliegen einer Insolvenz:
- § 17 InsO: Zahlungsunfähigkeit
- § 18 InsO: Drohende Zahlungsunfähigkeit
- § 19 InsO: Überschuldung
Liegen Gründe für einen Insolvenzantrag vor, wird dieser jedoch nicht gestellt, so ist das Unterlassen des Insolvenzantrags mit schweren Strafen bewehrt. So sieht beispielsweise §15a InsO bis zu 3 Jahre Gefängnisstrafe vor. Wichtig ist auch zu wissen, dass die Geschäftsführer nicht unerheblichen Haftungsrisiken ausgesetzt sind. Stellt sich beispielsweise nachträglich heraus, dass die oben genannten abgemilderten Gründe nicht vorlagen, so haftet der Geschäftsführer mit seinem Privatvermögen gegenüber dem Unternehmen (Managerhaftung, Geschäftsführerhaftung; siehe § 64 GmbHG). Er wird schadenersatzpflichtig. Das gilt analog für Zahlungen, die auch unter den gesetzlichen Ausnahmeregelungen nicht hätten getätigt werden dürfen.
Schwierig ist, den richtigen Zeitpunkt für den Antrag zu finden. Wird der Antrag nämlich zu früh gestellt, dann droht dem Geschäftsführer die Haftung gegenüber den Gesellschaftern für die falsche Entscheidung. Es empfiehlt sich daher nicht, einen „Insolvenzantrag vorsichtshalber“ zu stellen. Man könnte sagen, der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ist gefangen zwischen dem Risiko eines zu späten und dem Risiko eines zu frühen Insolvenzantrags. Die juristischen Feinheiten können wir hier nicht weiter thematisieren. Grundsätzlich ist bei Vorliegen eines dieser Gründe der Gang zum Insolvenzgericht, im Regelfall das Amtsgericht (vergleiche § 2 InsO), anzutreten. Im Regelfall muss spätestens innerhalb von 3 Wochen nach Bekanntwerden des Insolvenzgrundes der Antrag beim Insolvenzgericht erfolgen .
Mit dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) hat der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen die Antragspflicht ausgesetzt. Allerdings gilt die Aussetzung nur für den Tatbestand der Überschuldung nicht aber für den der Zahlungsunfähigkeit.
Bei Zahlungsunfähigkeit muss weiterhin ein Insolvenzantrag gestellt werden
Dies stellt auch die Pressemitteilung der Bundesjustizministerin Christine Lambrecht vom 2. September 2020 klar: „…. Diese Verlängerung soll jedoch nur für Unternehmen gelten, die infolge der COVID-19-Pandemie überschuldet sind, ohne zahlungsunfähig zu sein.….“.
Diese Erleichterung galt zunächst nur bis zum 30.09.2020, wurde dann allerdings bis zum 31.12.2020 verlängert. Die Formulierung der Bundesregierung macht auch hier die Differenzierung deutlich: „Durch den neuen § 1 Absatz 2 COVInsAG wird die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie überschuldet sind, ohne zahlungsunfähig zu sein, bis zum 31. Dezember 2020 verlängert“.
Die Aussetzung der Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags bei Überschuldung wurde nun mit dem SanInsFoG (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz) bis zum 31.01.2021 verlängert. Die neue Regelung sieht allerdings unter anderem vor, dass die Antragspflicht (nur dann) als ausgesetzt gilt, wenn staatliche Hilfeleistung erwartet werden können. Das setzt im Regelfall voraus, dass auch ein entsprechender Antrag bereits gestellt wurde.
Hinweis: Diese Informationen wurden mit großer Sorgfalt ermittelt. Trotzdem können wir keine Haftung oder Gewähr übernehmen. Dies ist keine juristische Beratung und kann diese auch nicht ersetzen. Bitte kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt, wenn Sie sich in einer Insolvenz befinden könnten.
Ein ergänzender Hinweis: Diese Thematik ist auch Gegenstand der Seminarinhalte Stufe II – Financial & Management Accounting, wo wir die Instrumente vorstellen, die zur Beurteilung einer Insolvenzsituation erforderlich sind – mit besonderem Schwerpunkt auf der Liquidität (z.B. Liquiditätsplanung, Kennzahlen zur Liquidität und das Cash Flow-Statement).