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„Predictive Analytics – eine weitere spannende Studie“
In der Fachnews vom 17.01.2022 hatten wir von einer 2. Studie berichtet. Diese richtete sich an Controller*innen und Führungskräfte im Controlling der DACH-Region und entstammt der Masterarbeit „Einsatz von Predictive Analytics im Controlling – Eine empirische Analyse“ von Ayse Kötemen (September 2021). Der Fokus der Arbeit liegt damit eindeutig nicht auf den Themen Planung oder Investitionsrechnung. Jedoch gibt es eine sehr enge Verbindung zu beiden Themen, die wir in dieser Fachnews beleuchten wollen.
Zum einen scheint aus Sicht vieler Unternehmen das Thema Predictive Analytics ein Schlüssel zu besseren Forecasts und zum besserem Verständnis grundlegender Trends und damit auch zu einem besseren Strategieverständnis zu sein. Predictive Analytics wird also massiver Einfluss auf die Informationen, die einer Planung zugrunde liegen, zugeschrieben. Gleichzeitig stellt das Thema für Unternehmen ein erhebliches Invest dar. Das betrifft die Investitionen in Hard- und Software im Rahmen der Implementierung, in Know-How der Mitarbeiter als auch in die Qualität von Daten. Aufgrund knapper IT-Ressourcen in vielen Unternehmen stellt jede Investition in Analytics automatisch auch eine Verdrängung anderer wichtiger IT-Projekte dar. Beispielhaft wären hier Automatisierungsprojekte, z.B. Robotic Process Automation (RPA), zu nennen. Abbildung 7 der Arbeit zeigt diese und weitere Herausforderungen auf.
Die Spaltenüberschrift gibt die Mitarbeiterzahl des Unternehmens an. In der ersten Spalte finden sich also die Antworten für Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Der obere angegebene Wert ist der Mittelwert und darunter befindet sich die (Standardabweichung). Die Spalte Rang zeigt an, welche Bedeutung diese Antwort innerhalb dieser Unternehmensgröße hatte. Die Spalte M gibt den Mittelwert aller Antworten an.
Betrachtet man sich die Struktur der Umfrage, dann ist in der Studie ein sehr interessanter Teilnehmerkreis erreicht wurden. Immerhin hatten fast 75 % der Teilnehmer 5 oder mehr Jahre Berufserfahrung im Controlling. Der Mittelwert lag bei knapp 11 (der Median bei 9) Jahren. Das Alter der Teilnehmer von Anfang 20 bis Anfang 60 deckt praktisch ein komplettes Berufsleben im Controlling ab. Auch hier liegen Mittelwert und Median mit 37 bzw. 35 Jahren dicht beieinander. Man kann also vermuten, dass die befragten Studienteilnehmer über ausreichend Erfahrung im Controlling zugleich aber angesichts des verbleibenden Berufslebens auch über genügend Offenheit/Interesse an künftigen Themen und Technologien mitbringen. Tab. 1 der Studie zeigt weitere Details über die Teilnehmer:
Wie beurteilen dieser Personenkreis nun den Nutzen eines Predictive Analytics Projekts?
Dies fällt den Teilnehmern der Studie – wie ebenfalls in der Tabelle 7 zu erkennen – trotz der Berufserfahrung schwer zu quantifizieren. Das geht vielen Unternehmen gleich. Man könnte es als das Henne-Ei-Problem bezeichnen: ohne die Erfahrungen aus der Durchführung entsprechender Projekte und entsprechendes Verständnis für Geschäftsmodell und technische Anforderungen lässt sich eine solche Investition schlecht quantifizieren. Die Cash Flows küntiger Jahre lassen sich nicht seriös ermitteln. Damit dürfte es in vielen Firmen keine Freigabe eines größeren Budgets geben. Aber es braucht einen Startpunkt, um an Informationen zu kommen. Wie kann man diesem Kreislauf entgehen?
Anstelle monetärer Größen müsste im ersten Schritt eine Ersatzgröße wie beispielsweise der Nutzwert treten. Genauer betrachtet ist dieses Problem sogar der klassische Anwendungsfalle einer Nutzwertanalyse der Investitionsrechnung. Möglicherweise muss auch so der verdrängte Nutzen der nicht stattfindenden IT-Projekte ermittelt werden. Die Erfahrung aus dem Fachseminar Investitions-Controlling zeigt, dass viele Teilnehmer damit aber nicht vertraut sind. Sie wenden das Verfahren unvollständig und oberflächlich an oder weichen dem unbekannten Verfahren ganz aus. Fälschlicher Weise wird stattdessen versucht, einen ROI zu berechnen. Dieser weist jedoch methodisch mehrere Mängel auf. Zum einen kann er ausschließlich Aufwand und Ertrag berücksichtigen und keine Zahlungen. Zum anderen ändern sich Aufwand und Ertrag im Zeitablauf. Eine Tatsache die der ROI als periodische Kennzahl mathematisch falsch berechnet – selbst dann, wenn „die durchschnittliche Periode“ methodisch gut bestimmt wurde.
Grundsätzlich fatal an dieser Methode ist aber etwas viel Grundlegenderes.
Dem aktuellen Aufwand, zum Beispiel in Form von Weiterbildungen, um das fehlende fachliche oder technische Know-how im Controlling aufzubauen, müssten die Vorteile der künftigen Jahre gegenübergestellt werden. Das könnte beispielsweise in der besseren Erkennung von Markttrends bestehen, welche die Produktentwicklung verbessern und auch zu besseren Investitionen in Maschinen und Anlagen führen. Der Vorteil könnte in besseren Forecasts bestehen. Vielleicht sind diese höher automatisiert, werden vermutlich mit weniger personellen Ressourcen erarbeitet und nicht nur weniger kostenintensiv, sondern darum auch schneller verfügbar. Als Folge können korrigierende Maßnahmen früher ergriffen werden können. Das spiegelt sich auch in den Antworten der Befragten wider, worin sie die Hauptvorteile von Predictive Analytics sehen (Tab. 5 Mastarbeit):
Die Liste der Antworten ist beeindruckend vielfältig, besonders wenn man bedenkt, dass einige der Antworten selber wieder aus zahlreichen Unterkategorien bestehen – wie beispielsweise die Nennung Funktions-Controlling, welche zum Beispiel Vertriebs-Controlling, Produktions-Controlling, F&E-Controlling, etc. umfasst. Predictive Analytics scheint also aus Sicht der Befragten eine sehr breit einsetzbare Technologie zu sein. Die Wichtigkeit wird generell recht hoch eingeschätzt (Tab. 6 der Arbeit)
Das deckt sich mit anderen Studien und auch mit unserer Einschätzung. Nicht umsonst haben wir auch bei der Controller Akademie mittlerweile ein breites Angebot an Seminaren in unserer Themenwelt Information Management.
Wenn man sich am Controlling-Prozessmodell von internationalem Controller Verein (ICV) und International Group of Controlling (IGC) orientiert, dann ist die Weiterentwicklung von Systemen und Prozessen eine der Kernaufgaben im Controlling. Naturgemäß gehört dann dazu auch die Einführung von Predictive Analytics Anwendungen. Dazu gehört nicht nur die Fähigkeit, mögliche Use-Cases zu identifizieren, Nutzeneffekte und monetäre Effekte bewertbar zu machen oder einer Investitionsnachkontrolle zu unterziehen, um Lerneffekte zu erzeugen. Als Teil der späteren Nutzer, als Business Analysten, gehört auch die (Mit-)Verantwortung zum Einführungsprojekt. Vielleicht haben auch Sie Interesse, Teil unserer Predictive Community zu werden. Hier finden Sie weitere Informationen.
Autor: Guido Kleinhietpaß, Partner und Trainer der CA controller akademie und Autor des Buchs Verrechnungspreise
Quelle und Grafiken: Masterarbeit “Einsatz von Predictive Analytics im Controlling – Eine empirische Analyse” von Ayse Kötemen (September 2021).